ausführliche Projektbeschreibung
Ziel: Umstellung der bestehenden Anlage auf weitestgehende ökologisch verträgliche Energieversorgung (regenerative Energien) und dies mit erheblicher Einsparung der laufenden Kosten.
Die Investitionskosten liegen bei etwa 20.000€ (abzüglich ca. 7000€ BAFA-Förderung
). Die laufenden Energiekosten (Strom und Heizung) sollen unter 500€ pro
Jahr gedrückt werden. (Aufstellung der Kosten siehe "Zahlen")
Objekt:
freistehendes Einfamilienhaus, 130 m² Wohnfläche, Baujahr 1987
Ausgangslage Mitte 2015:
Im Bestand ist ein 28-Jahre alter 500 Liter-Speicher, einst
als Warmwasserspeicher eingesetzt, nach dem Bekanntwerden der
Legionellengefahr zum reinen Pufferspeicher umgebaut.
Dieser Speicher soll als Warmwasser-Pufferspeicher weiter verwendet
werden.
9m² Solar-Flachkollektoren sind vorhanden,
ebenfalls eine seit 2012 auf dem Dach montierte Photovoltaikanlage (PV) mit 5,3 KWp. (Ein Elektro-Auto nutzt diese Energie teil- und zeitweise)
Ein Kachelgrundofen im Wohnbereich ist vorhanden und soll aber nur noch an kalten Wintertagen als Zusatzheizung eingesetzt werden.
Die Heizwärme wird via Fußbodenheizung, Fußleistenheizung und Wandheizung in die Wohnräume gebracht.
Die 10,5 KW Erdgastherme, die bisher zur Nachheizung des Warmwassers und für die Heizung des Gebäudes eingesetzt wird, soll wegfallen.
Inbetriebnahme der neuen Anlage: 12.10.2015
Beschreibung der Gesamtanlage:
(die Datei "Anlagenschema.pdf" zeigt grafisch die Gesamtanlage)
Hinweis: zum Download der
pdf-Dateien evtl. rechtsklick und dann "Ziel speichern unter..."
Die Solarkollektoren
zur Beladung des Warmwasser-Pufferspeichers und des Erdspeichers
Die Solarkollektoren (im "Anlagenschema" oben links) versorgen
vorrangig über einen Wärmetauscher den Warmwasser-Pufferspeicher. Wenn
die eingestellte Solltemperatur im Speicher erreicht ist, oder die
Sonnenenergie nicht für eine weitere Beladung ausreicht, schaltet die
Solarregelung auf die Beladung des Erdspeichers um. So können auch
bisher ungenutzte Temperaturen auf niedrigem Temperaturniveau unter 10°C
noch genutzt werden.
Im Diagramm der Logdatei des Reglers ("2015_12_19_mit Diagramm_Übersicht.pdf") kann man
sehr gut erkennen, dass die Solarthermie schon bei einer
Kollektortemperatur von ca. 11°C um 05:06 Uhr zum ersten Mal versucht
den Erdspeicher zu beladen. Eingestellt ist eine Temperaturdifferenz von
6K zwischen Kollektortemperatur und Erdspeichertemperatur, ab der die
Regelung das Umschaltventil ansteuert. Kurz darauf wird die Pumpe
eingeschaltet und die Beladung des Erdspeichers beginnt. Da die
Kollektortemperatur sofort auf ca. 7°C absinkt, wird die Beladung
abgebrochen. Aber ein erneuter Versuch um 8:13 Uhr lässt die Beladepumpe
P3 länger in Betrieb gehen. Nach ca. 20 min. unterbricht die Regelung
und überprüft, ob mittlerweile genügend Sonnenenergie zur Beladung des
Warmwasser-Pufferspeichers zur Verfügung steht. Das ist erst kurz nach
10 Uhr der Fall. In der Logdatei des Solarwechselrichters ("PV_2015_12_19.GIF") kann man sehen, dass
der solare Stromertrag rasant ansteigt - die Sonne scheint. Die
Temperatur in der Solarthermie steigt folglich ebenfalls stark an und
der WW-Pufferspeicher kann beladen werden. Gegen 14 Uhr ist die
Temperatur (dunkelblaue Linie) auf etwa 37°C gestiegen. Mehr schafft die
Sonne an diesem Wintertag nicht mehr und die Regelung schaltet die
Beladung auf den Erdspeicher um. Aus dem PV-Log kann man entnehmen, dass
ab etwa 14 Uhr kaum noch Strom produziert wird. Die Sonne geht langsam
unter und/oder Bewölkung zieht auf. Trotzdem reicht die restliche
Sonnenenergie (Umgebungstemperatur) aus, um den Erdspeicher noch bis
Mitternacht aufzuheizen!
Da die Wärmepumpe nun aber steht und keine Wärme aus dem Erdreich entzieht - nachts soll das so sein (siehe nächster Abschnitt: "Die Wärmepumpe") - wird nun der Erdspeicher langsam wieder wärmer. Die dunkelbraune Linie steigt stetig bis Mitternacht.
Die Wärmepumpe
belädt vorrangig den Warmwasserspeicher (wenn die Sonne diesen nicht genügend erwärmt haben sollte) und danach den großen 2000 Liter Heizungspufferspeicher.
Die dazu notwendige Energie bezieht sie zum einen (als elektrische Energie) für die eigenen Antriebsaggregate aus dem Stromnetz (auch aus der eigenen PV-Anlage) und zum anderen (als Wärmeenergie) für die Beladung der beiden Pufferspeicher über den Erdkollektor aus dem Erdspeicher.
Duch die Vorwärmung der Erde, insbesondere während des Sommers, soll sie eine Jahrresarbeitszahl von über 4,6 erreichen. D.h. bei einem Strombedarf von z.B. 1 KW würde sie dann eine Wärmeenergie von über 4,6 KW abgeben; dies übers Jahr gemittelt. Ob diese Werte erreicht werden oder übertroffen werden, kann erst nach dem Winter 2016/17 festgestellt werden, da erstmalig der Sommer 2016 für die Aufheizung des Erdspeichers genutzt werden kann. Die entsprechenden Zahlen folgen selbstverständlich zur gegebenen Zeit.
Um möglichst viel des selbst produzierten Stromes zu verbrauchen (Da die Anlage in 2012 errichtet wurde, werden pro selbstgenutzter KWh Strom (ab 30% Eigenanteil) 0,12€ vergütet.), läuft die WP möglichst nur tagsüber und "überlädt" den Speicher [momentan experimentiere ich mit 9 K Übertemperaturdifferenz; es gilt das Optimum zu finden von höchstmöglicher Eigenstromnutzung (die WP läuft nur tagsüber) einerseits und höchstmöglichem COP der WP (niedrige Sekundärtemperaturen) andererseits]. So kann die Heizungspumpe auch nachts das Gebäude entsprechend der eingestellten Nachtabsenkung mit Wärme aus dem Pufferspeicher versorgen, ohne dass die WP in Betrieb gehen muss. Dadurch konnte ich den selbstgenutzten PV-Anteil von bisher ca. 30% auf nunmehr über 80% (Monate Oktober - Dezember) erhöhen.
Realisiert wurde dies über einen Dämmerungsschalter am EVU-Kontakt der WP (SmartGridReady A) und dem Schaltkontakt des PV-Wechselrichters am SmartGridReady B -Kontakt der WP. Damit bei sehr niedrigen Außentemperaturen ein Auskühlen des Wohnraumes vermieden wird, soll die WP trotz Abschaltung wegen Dunkelheit auf eine Minimaltemperatur nachheizen können; deshalb der Thermostat "Ts". Die WP selbst bietet z.Zt. noch keine Möglichkeit ein solches Szenario mit Bordmitteln zu fahren; deshalb diese Eigenbau-Variante im Versuch. Mit Waterkotte stehe ich diesbezüglich in Kontakt.
Momentan teste ich aber eine weitere Variante:
der EVU-Kontakt bleibt ungenutzt, also gebrückt. Der Dämmerungsschalter
wird an SmartGridReady B geklemmt.
Via Zeitprogramm wird während der Nacht die Heizkurve leicht abgesenkt,
was einer Nachtabsenkung der Beladung des Pufferspeichers entspricht.
Dies scheint momentan die erfolgversprechendste Idee zu sein und
harmoniert mit den in der Wärmepumpe schon vorhandenen
Einstellmöglichkeiten bisher am besten.
Anmerkung zum Dämmerungsschalter:
leider lässt sich der programmierbare Schaltkontakt meines Kostal Piko
5.5 Wechselrichters nicht sinnvoll Wärmepumpenunschädlich programmieren;
deshalb der separate Dämmerungsschalter, der den PV-Ertrag simuliert.
Kostal hat die neuen Modelle besser auf Wärmepumpennutzung und
Eigenstromverbrauch programmiert. Die alten Modelle können aber nur
teuer durch Austausch der Hauptplatine umgerüstet werden.
Anders formuliert: die Wärmepumpe funktioniert in Kombination mit dem großen Pufferspeicher als indirekter Stromspeicher und ist z.Zt. noch wesentlich billiger als ein Batterie-Stromspeicher.
Mitgedacht ist der "Eisspeichereffekt". Die beim Umwandlungsprozess von Wasser in Eis frei werdende Latenzwärme ist nicht unerheblich und sollte bei dieser Form des Erd-Kollektors mit genutzt werden können.
Zum Vergleich: wenn man für das Umwandeln von einem Liter 0°C kaltem Wasser in 0°C Eis die Wärmemenge X entziehen muss, so reicht dieselbe Wärmemenge X um einen Liter 0°C kaltes Wasser auf ca. 80°C zu erhitzen! 1)
Der Erdkollektor in Tunnelform mit Speicherfunktion (im Folgenden nur Tunnelkollektor genannt)
("Schema Erdkollektor.pdf" und Bilder)
fungiert als "riesiger" Pufferspeicher im Niedertemperaturbereich, der
seine Wärme sowohl durch die solarthermische Anlage bezieht, als auch
durch die generelle Aufheizung des Erdreichs durch Sonne und Regen, vor
allem im Sommer. Die großvolumige Wärmeentnahme erfolgt über die
gewendelten mit Sole gefüllten Kunststoffrohre.
Mehrere Faktoren hatten mich dazu bewogen, diese Form zu wählen:
die Erdarbeiten halten sich im Rahmen, da der Kollektor
waagerecht im Boden liegt;
der Bagger hatte trotz erschwerter Bedingungen in 2 Std. den Graben
ausgehoben und in 4 Std. wieder verfüllt.
die Materialkosten liegen bei unter 1000,-€ (ca. 500,-€ für das Kunststoff-Kollektorrohr und ca. 300,- € für das Kupferrohr plus diverses wie Dachlatten, Bohrer, Kabelbinder...)
der Selbstbau erfordert keine besonderen Werkzeuge und Kenntnisse
das Volumen ist "riesig" (12m Länge und 1,5m Durchmesser für den Kern (=26,5m³) und dazu das umgebende Erdreich, welches mit aufgeheizt wird und über welches Erdwärme von außen nachfließen kann, wenn die Kerntemperatur unter die des umgebenden Erdreichs sinkt)
die Wärme der Solar-Flachkollektoren kann durch die zentral liegenden Kupferrohre in einfacher Weise auch zentral eingebracht werden
und wird beim Diffundieren nach außen von den Kollektorwendeln wieder "eingefangen"
durch das niedrige Temperaturniveau in der Erde ist eine Isolierung nicht nur nicht nötig, sondern sogar kontraproduktiv. Die umgebende Erde könnte nicht mit aufgeheizt werden und aus dieser könnte dann auch keine Wärme zurückfließen. Damit wächst der Speicher quasi dynamisch mit der eingebrachten Wärme, egal woher sie kommt.
der "Eisspeichereffekt" kann genutzt werden.
Da der Tunnelkollektor mit seiner Oberkante ca. 1,2 m unter der
Oberfläche liegt, würden Vereisungs- und Auftauprozesse die
Oberfläche (der Garageneinfahrt) nur unwesentlich verwerfen. Ob die
Temperaturen überhaupt so weit sinken, bleibt abzuwarten. Momentan,
Januar 2016, nach drei Monaten (mildem) Winter aber noch OHNE
Vorheizung im Sommer liegt die Temperatur nahe der Mittenachse des
Tunnelkollektors immer noch bei ca. 3°C.
Im Sommer kann der Tunnelkollektor dazu benutzt werden, das Gebäude zu kühlen. Dazu wird kalte Sole aus der Erde in den Pufferspeicher gepumpt und aus diesem nun kalten "Heizungspufferspeicher" zieht die Heizungsumwälzpumpe nun das kalte Wasser und pumpt es durch die Fußboden- und Wandheizungen. Anders formuliert: die Pumpen entziehen den Wohnräumen die sommerliche Wärme und transportieren sie in den Erdspeicher. Ohne teuere und stromfressende Klimaanlage.
Um den Temperaturfluss während des Jahres im und um den Tunnelkollektor zu verfolgen und protokollieren zu können, hatte ich 20 Temperatursensoren als OneWire-Bussystem an- und eingebracht. Mittels eines Raspberry Pi Minicomputers konnte ich so dreidimensional die Erdtemperaturen bis zu einem Durchmesser von ca. 3,5m erfassen. (siehe Bilder) Leider war meine Konstruktion nicht wasserdicht genug und der Bus hat nach 2 Wochen seinen Dienst verweigert...
Die Bauanleitung
als Anhänger von Opensource veröffentliche ich hier die
Anleitung zum Selbstbau des Tunnelkollektors. Jeder darf mein Wissen und
meine Erfahrungen nutzen und/oder darauf aufbauen.
Anhand der Fotos und der Videos sollte ein Nachbau gelingen.
Gerne beantworte ich Fragen und veröffentliche bei Bedarf weitere Details.
Ebenso werde ich Zahlen und Erfahrungen nachtragen, sobald diese aussagekräftig vorliegen.
Es versteht sich von selbst, dass der Selbstbau auf eigenes Risiko erfolgt und ich jegliche Haftungs- und Gewährleistungsansprüche ablehne. Ebenso wie ich ch keine Verantwortung für extern verlinkte Seiten übernehmen kann.
Auf, dass wir unsere Lebensbedingungen auf unserem Planeten wieder und weiter verbessern und jeder die Verantwortung für sein eigenes Handeln übernimmt! (siehe dort der Liedhinweis zu www.christoph-paul.eu)
1) kleiner Gedankentransfer:
um 1 Liter 0°C Eis zu schmelzen, braucht man wiederum dieselbe
relativ große Wärmemenge. Oder anders formuliert: das Eis kann eine
ganze Menge Wärmeenergie aufnehmen, bis es komplett geschmolzen ist. Bis
dahin hat sich das Eiswasser nicht weiter erwärmt. Es bleibt bei 0°C bis
alles Eis geschmolzen ist. Erst dann erwärmt sich das Wasser wenn die
Wärmezufuhr beibehalten wird.
Der Eisvorrat der Polkappen ist riesig; er nimmt eine gewaltige Menge an
Wärmeenergie auf. Aber wenn das Eis komplett geschmolzen ist, steigt die
Temperatur des Wassers an. Ab diesem Zeitpunkt dann schnell, weil der
komplette Puffer wergfällt...
Oder anders formuliert: wenn wir die Atmosphäre weiter so aufheizen, dann "verbraucht" der Schmelzvorgang des Eises zuerst einmal eine gewaltige Menge der von uns produzierten Wärme. Sobald das Eis aber geschmolzen ist, steigt die Temperatur der Atmosphäre und des Wassers sprunghaft an...